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Gonzalo Montaño Peña

Das Genie aus Jerez de la Frontera: »Frijones«

Antonio Vargas Fernández (1846–1917), Gitano aus Jerez de la Frontera, Spanien, und bekannt als »Frijones«, ist von fundamentaler Bedeutung für die Geschichte des Cante Flamenco. Mit seiner einzigartigen musikalischen Persönlichkeit ist er mitverantwortlich für das, was wir heute als Flamenco kennen: eine aus folkloristischen und volkstümlichen Elementen hervorgegangene Musik, geprägt von großen Charakteren, wie eben Frijones), die sie kunstfertiger machten, mit unverkennbaren Einflüssen der spanischen Rom_nja.

Portrait of the Roma singer Antonio Frijones | Photographie | 1880 - 1900 | fla_00275 Licensed by: Gonzalo Montaño Peña (reproduction) I Licensed under: Rights of Use I Provided by: Gonzalo Montaño Peña – Private Archive

Frijones’ musikalischer Genius war eine schöpferische Quelle für die Cantes1 im Stil der Soleá, der Siguiriya und der Tangos; die Modelle, die er schuf, gehören zu ihren grundlegenden Strukturen.

Jerez, die Geburtsstadt von Frijones, ist Mitte des 19. Jahrhunderts Zentrum des Cante Gitano2. Außerdem zählen zu seiner Familie bedeutende Persönlichkeiten des Cante Gitano wie seine Cousine Mercé La Serneta. So nährt sich Antonio Vargas Fernández von dem, was er in seiner Umgebung hört und erlebt, und entwickelt ein in seinen Werken deutlich erkennbares musikalisches Konzept. Später macht er den Gesang zu seinem Beruf und lebt in Sevilla; durch die Begegnung mit anderen Cantaores und Konzepten erweitert sich seine Musik, wie seine späteren Werke zeigen.

Antonio Vargas Fernández hinterließ keine Aufnahmen; allerdings wird seine Musik seit Beginn des 20. Jahrhunderts von den größten Künstler_innen gesungen.

Antonio Vargas Fernández hinterließ keine Aufnahmen, wir wissen also nicht, wie er selbst seine Musik interpretierte; allerdings wird sie seit Beginn des 20. Jahrhunderts von den größten Künstler_innen gesungen. Diese Interpretationen variieren je nach den Fähigkeiten der Vortragenden, sie alle jedoch haben etwas von der persönlichen Note, die Frijones seiner Musik verlieh. Im Allgemeinen sind es kurze Cantes, emotional hoch aufgeladen, mit typischen Merkmalen, wie sie sich in manchen Bögen und melodischen Abwärtsbewegungen zeigen, in denen die ganze Expressivität dieser Cantes zum Ausdruck kommt. Trotz ihrer Kürze erfordern sie eine große Dynamik und rhythmische Beherrschung, um den Melodien ebendiesen expressiven Charakter zu verleihen – vor allem am Ende der Phrasen und zum Abschluss, mit seiner besonderen Emphase.

Wer seine Cantes hört, stellt Ähnlichkeiten mit anderen zeitgenössischen Cantes fest (etwa von Enrique El Mellizo oder La Serneta, die Frijones mit Sicherheit beeinflusst haben). Dies ist jedoch Teil des melodischen Reichtums des Cante Gitano, der auf den Nuancen basiert, die die Interpret_innen auf der Grundlage gemeinsamer Elemente beitragen.

Manuel Torre kannte Frijones und war ein Bewunderer von ihm. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts nahm er einige seiner Stile auf. Hier ist der erste seiner Soleá-Stile, aufgenommen im Jahr 1909.

Das zweite seiner Werke im Soleá-Stil ist sein bekanntestes. Es ist zu einer Referenzgröße für diesen Cante aus Jerez geworden. Hören wir, wie er sich mit seinen Interpret_innen entwickelt hat. In der ersten Aufnahme, von 1914, singt Pastora Pavón ihn kurz, die Melodie reduziert auf die charakteristischen Bögen.

Ihr Bruder Tomás Pavón interpretiert ihn 1947, drei Jahrzehnte später, neu. Er zieht die Phrasen in die Länge und hält die Melodie, womit er ein neues Modell für diesen Cante schafft.

Der dritte der Stile, die Frijones zugeschrieben werden, ist ein weiterer emotionaler Peitschenhieb, auch hier gibt es die typische melodische Abwärtsbewegung. Pastora Pavón nimmt ihn 1933 auf, in der Kürze und mit der Emotionalität, die Frijones selbst hineingelegt hätte.

Der vierte Soleá-Stil, wahrscheinlich der letzte, der von Frijones stammt, bedient sich wieder einiger Elemente der vorherigen Stile und anderer Cantes. Pastora Pavón nimmt ihn 1914 auf, Antonio Mairena in jüngerer Zeit, 1974.

Antonio Mairena selbst formulierte es so:

»Frijones hatte etwas Wunderschönes, wie ein Tröpfchen Parfum, das keinem anderen ähnelt [...] reine Essenz, die jeden Cante, der von ihr erfüllt wurde, veredelte.«

Beispiel hierfür ist ein ihm zugeschriebener Cante im Siguiriya-Stil, der letztlich eine Neuinterpretation des Cante aus Jerez von Paco la Luz ist – hier zu hören in einer Aufnahme von Ramón Medrano aus dem Jahr 1971.

Auf dieselbe Weise widmet er sich dem Cante im Stil der Tangos, dem er einen Rhythmus zwischen Tientos und Tangos gibt. Auch hier ist der persönliche Charakter klar erkennbar.

Dieser Stil ging durch zwei seiner bedeutendsten Künstler_innen aller Zeiten in die Annalen des Flamencos ein: La Niña de los Peines und Antonio Mairena.

Die Beiträge, die Frijones für den Flamenco geleistet hat, gehören zu seinen Fundamenten. Sie sind wesentliche Elemente in der Herausbildung dieser Kunst und ein Beispiel für den musikalischen Reichtum in der Flamencokultur der spanischen Roma.

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