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»Nun hungern wir und sterben vor Kälte«

Margareta Dodan | »Nun hungern wir und sterben vor Kälte« | Selbstbeweis | Königreich Rumänien | 6. Dezember 1942 | voi_00020

Rights held by: Margareta Dodan | Provided by: The State Archives of the Odessa Region (Odessa/Ukraine) | Archived under: Fond 2242 / Opis 1 / Case 1912 / P. 49 / Orig. / MS.

16 decembrie 1942, Odessa

D-le Guvernator,

Subsemnata Margareta Dodan cu cinci copii rămasă văduvă de un an şi şasă luni mi[-]a căzut bărbatul rănit pe front lovit de o schijă de obuz iar noi am rămas fără nici un ajutor şi la un moment dat ni[-]a adus în Transnistria şi ce am avut şi noi mai bun am vândut şi am rămas muritori de foame şi de frig aici în satul Covaliovca jud. Ociacov şi am vinit D-le guvernator cu rugăminte şi cu lacrâmi în ochi ne mai putând suferi frigul şi fomia am vinit pe jos 140 khilometri la domnia vostră cu rugăminte de a[-]mi da o autorizaţie să pot pleca în ţară cu copii mei la casuţa mia. Va sărutăm mânile şi piciorile D-le guvernator aştept acest răspuns de la măria vostră.

ss. Margareta Dodan
Maria „
Anica „
Iliana „
Iacob Varlan

D-sale D-lui
Guvernator al Transnistr[i]ei

  1. Dezember 1942, Odessa

Herr Gouverneur,

die unterzeichnete Margareta Dodan mit fünf Kindern, Witwe seit einem Jahr und sechs Monaten[,] mein Mann fiel, verwundet von einem Granatsplitter, auf dem Schlachtfeld und wir sind jetzt ohne Unterstützung und irgendwann wurden wir nach Transnistrien gebracht und wir haben alles Wertvolle, was wir hatten, verkauft und nun hungern wir und sterben vor Kälte hier in der Ortschaft Kovalivka, Bezirk von Oceacov, und ich komme [zum] Herrn Gouverneur mit der Bitte und mit Tränen in den Augen, weil ich die Kälte und den Hunger nicht ertrug[.] Ich lief 140 Kilometer zu Fuß, um zu Ihnen zu kommen mit der Bitte, mir die Erlaubnis zu erteilen, dass ich das Land mit meinen Kindern in Richtung meiner geliebten Heimat verlassen kann. Wir küssen Ihre Hände und Ihre Füße[,] Herr Gouverneur[.] [I]ch warte auf die Antwort Ihrer Hoheit.

[unterzeichnet] Margareta Dodan
Maria „
Anica „
Iliana „
Iacob Varlan

An seine Exzellenz
Herr Gouverneur von Transnistrien

6 December 1942, Odessa

Mr Governor,

The undersigned, Margareta Dodan, five children, widow for one year and six months, my husband has fallen wounded by a shell splinter on the battlefield, and we are now without any help and at some point we have been brought to Transnistria and we have sold everything good that we had and we’ are now starving and dying from cold here in the village of Kovalivka, district of Oceacov, and I’ve come to you, Mr. Governor, with the request and with tears in my eyes because I couldn’t stand the cold and the hunger[.] I walked for 140 kilometres to reach you with the request to give me an authorization so that I can leave for the country with my children for my dear home. We kiss your hands and feet, Mr Governor, I am waiting for the answer from your Highness.

[signed] Margareta Dodan
Maria „
Anica „
Iliana „
Iacob Varlan

To His Excellency
Mr Governor of Transnistria

  1. Decembro 1942, Odessa

Raj Governatori,

Me tele skrinisardi Margareta Dodan (bijandi po 1917 berš) pandže čhavorrenca, biromeski jekh berš thaj šov čhona, muro rrom sas mudardo kotar e granatake kotora po maripasko than thaj akana khanikastar naj amen ažutipe thaj bičhalde samas ani Transnistria thaj sa prekuč so sas amen bikindem, thaj akana meras bokhatar thaj šilestar akate ando gav Kovalivka than kotar o Oceacov, thaj me avav [ko] Raj Governatori rugimasa thaj asvencar ande mure jakha, kaj našti te cidav dureder o šil thaj bokh[.] Me phirdem 140 kilometre, te resav dži tumende rugipasa, šajipe te den ma, kethanes mure čhavenca themestar te iklav thaj te džav mange ko muro drago kher. Amen čhumidas Tire vasta thaj pundre, Raj Governatori. Adžikerav tumendar mothojbe tumaro Učipe.

[signatura] Margareta Dodan
Maria „
Anica „
Iliana „
Iacob Varlan

Dži pe Leski Ekselencija
Raj Governo kotar Transnistria

Credits

Rights held by: Margareta Dodan | Provided by: The State Archives of the Odessa Region (Odessa/Ukraine) | Archived under: Fond 2242 / Opis 1 / Case 1912 / P. 49 / Orig. / MS.

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Lesung des Selbstzeugnisses von Margareta Dodan
1.16 min
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Lesung des Selbstzeugnisses von Margareta Dodan | Spoken word | Deutschland | 2018 | voi_00080
DE

Kontextualisierung

Eine Petition aus Kovalivka
Margareta Dodan, geboren 1917, und vier ihrer Kinder wurden im September 1942 aus Iaşi in die Ortschaft Kovalivka (von 1941 bis 1944 Covalevca genannt) in Transnistrien deportiert. Die Stadtpolizei von Iaşi hatte sie auf die Liste der »Zigeuner, die keinen Lebensunterhalt haben oder einen feststellbaren Beruf, von dem sie ehrenhaft leben können« gesetzt, ungeachtet der Tatsache, dass Dodans Ehemann in der Armee gedient hatte und diese Gruppe der Roma von der Deportation ausgeschlossen war.

Die Ortschaft Kovalivka, gelegen im Bezirk Oceacov (Mitte 1942 wurde die Ortschaft dem Bezirk Berezovca zugeschlagen), war eine der sogenannten »Zigeunerdörfer« am Fluss Bug. Nach der Evakuierung der ukrainischen Bevölkerung wurden etwa 1.100 Roma in 54 Häusern untergebracht. Von Beginn an waren die Bedingungen in Kovalivka extrem hart. Manchmal mussten 25 bis 40 Menschen in einem Haus mit zwei oder drei kleinen Zimmern leben. Die Deportierten litten an Hunger, Kälte und Krankheiten. Im Winter 1942/43 starb etwa die Hälfte der Deportierten, die meisten von ihnen an einer Typhusepidemie, die Ende Dezember 1942 ausbrach und bis in den März des folgenden Jahres andauerte.

Margareta Dodan verließ Kovalivka heimlich in Richtung Odessa, wo sie am 16. Dezember 1942 diese Petition an den Gouverneur von Transnistrien einreichte. Darin legte sie die verzweifelte Lage dar, in der sie und ihre Kinder sich befanden, und bat um die Rückführung nach Hause. Die Petition wurde am 31. Dezember 1942 mit der Anordnung, diesen Fall zu untersuchen, an die Gendarmerie-Inspektion von Transnistrien weitergeleitet. Zu diesem Zeitpunkt untersuchte bereits eine Kommission der Generalinspektion der Gendarmerie von Bukarest die Situation der deportierten Roma. Diese Kommission, die vom 12. bis zum 19. Dezember 1942 im Gebiet Kovalivka  Andriivka (Andreevca)  Varyushyne (Varuşino) tätig war, setzte Margareta Dogan auf die Liste der Personen, die zur Rückführung vorgeschlagen wurden. Die Untersuchungen der Polizei von Iaşi führten dazu, dass der Familie die Rückführung genehmigt wurde. Doch aufgrund der Typhusepidemie unter den deportierten Roma verzögerte diese sich. Drei der Kinder von Margareta Dodan starben. Sie und ihre Tochter Anica (geboren 1931) kehren erst nach dem 1. Mai 1943 nach Iaşi zurück.

Viorel Achim (2017)

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Lesung des Selbstzeugnisses von Margareta Dodan
1.16 min
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Lesung des Selbstzeugnisses von Margareta Dodan | Spoken word | Deutschland | 2018 | voi_00080
DE

Details

übersetzer Titel
‘We’re now starving and dying from the cold’
übersetzer Titel
»Amen sam akana bokhale thaj meras kotar o šil «
Produktion
6. Dezember 1942
Credits
Produktionsstab
Objekttyp
Material
Technik
Objektnummer
voi_00020

Archivbereich

Verwandte Personen und Begriffe

Themen »Zigeunerdorf«, Petition, Völkermord, Periode 1933 - 1945