Balkan

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Margaret Beissinger

Manele

Die manele (Einzahl manea) sind ein rumänisch-urbanes Ethnopop-Genre, das traditionelle einheimische Klänge mit Elementen aus Roma-Musik, südbalkanischer und nahöstlicher Musik sowie globaler Popmusik verbindet. Dargeboten werden die manele vor allem von professionellen männlichen Roma-Musikern (lăutari, Einzahl lăutar) auf Hochzeiten und anderen Familienfeiern, in Clubs und in Musikvideos.

Nach der Revolution von 1989 wurden die manele vor allem unter jungen Rumän_innen und Rom_nja enorm populär; sie galten als musikalischer Ausdruck der neuen gesellschaftlichen Freiheit. Auf Ablehnung stieß das Genre bei manchen Akademiker_innen, denen es als roh, vulgär und nicht dem rumänischen Nationalcharakter entsprechend galt.

Das Genre der manele ist geprägt von Tonleitern türkischer Herkunft (wie etwa der hicaz), die teilweise Mikrotöne umfassen, und von virtuosen Instrumentalpassagen. Der vorherrschende Rhythmus ist der südbalkanische čoček/kyuchek im 2/4- oder 4/4-Takt. Einen Großteil des »orientalischen« Klangs steuert der Synthesizer bei, zusammen mit elektrischer Geige, Akkordeon, Klarinette, Saxophon und Schlagzeug.

Mittlerweile haben die manelişti ihr Repertoire um diverse Stile und Spieltechniken erweitert. Heutige Subgenres der manele binden Reggaeton, Hip-Hop, Rap und Blues ein.

Hochzeit in einem Dorf in Süd-Rumänien. Ionuţ Ştefan (Gesang); Băieţică (Akkordion) and Alin Zaharia (elektrische Geige). Cartojani, Romania. 2017.
Credit: Margaret Beissinger

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In den 1970er und 80er Jahren wurde das Genre zunächst muzică sîrbească (serbische Musik) und später muzică turcească (türkische Musik) genannt. Unter dem nationalistisch-kommunistischen Regime Rumäniens war es verboten, wurde jedoch im Untergrund gespielt. Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus trat es als muzică orientală (orientalische Musik) seinen öffentlichen Siegeszug an, dargeboten fast ausschließlich von lăutari.

Zum Guru der manele wurde in den 1990er Jahren der Roma-Gitarrist Dan Armeancă, doch es waren Sänger wie Adrian Copilul Minune (Wunderkind) und Vali Vijelie (Wirbelsturm), die einen Hit nach dem anderen hervorbrachten.

Seit den frühen 2000er Jahren setzte sich die Bezeichnung manele durch, während eine neue Welle von manelişti (Einzahl manelist) in Erscheinung trat, unter ihnen die Sänger Nicolae Guţă und Florin Salam (arabisch für »Frieden«, auch als Grußformel verwendet). Salam ist derzeit der wohl bekannteste manelist.

Nicht nur bei Roma-, sondern auch bei rumänischen Hochzeiten zählt das Genre heute zum festen Programm. Zugleich ist der ebenfalls manea genannte Solotanz, der sich durch subtile Schrittfolgen und anmutige Armbewegungen auszeichnet und zuvor nur als Solodarbietung von Romnja innerhalb der eigenen Gruppe existierte, zu einem Trend geworden, der beide Geschlechter und alle ethnischen Gruppen erfasst hat.

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