Rusin Asenov lehrt Bulgarische Philologie an der St. Kyrill und Method Universität in Veliko Tarnovo, der »Stadt der Zaren« im zentralnördlichen Bulgarien.

Rusin begann seine Schullaufbahn in einer segregierten Schule im Roma-Viertel Vidin. Trotz dieser anfänglichen Isolation von der Mainstream-Kultur hat Rusin seines Erachtens eine gute Bildung erhalten. Er dankt unter anderem dem von örtlichen Roma-Lehrkräften organisierten Projekt »Kenne deine Wurzeln«, das den Schüler_innen die Komplexität ihrer Kultur und Sprache nahelegte. Es motivierte ihn dazu, nach der weiterführenden Schule noch zu studieren.
In der Oberschule entwickelte Rusin eine Faszination für die Ursprünge der bulgarischen Sprache. Er zitierte bulgarischsprachige Poesie bei Schulveranstaltungen und präsentierte traditionelle bulgarische Sagen und Legenden im Roma-Fernsehsender von Vidin. »Durch diese Erfahrungen entstand mein Selbstvertrauen, vor Publikum zu sprechen.«

Während des Grundstudiums arbeitete Rusin koordinierend im Bildungszweig für Rom_nja des Center for Interethnic Dialogue and Tolerance – Amalipe, das von der America for Bulgaria Foundation gefördert wird. Im Zusammenhang mit der Zielsetzung der Nichtregierungsorganisation, die bulgarischen öffentlichen Schulen zu integrieren und zu modernisieren, bat Amalipe Rusin um ein Interview mit Professor Hristo Kyuchukov, einem Spezialisten für interkulturelle Bildungsarbeit. Rusin schreibt es wiederum Professor Kyuchukovs Ermutigung und Anleitung zu, dass er selbst sich für die Fortsetzung seines Studiums mit einem Hauptstudium der Linguistik entschied und die Universität als möglichen Berufsweg in Betracht zog.

Rusin erhielt seinen M.A.-Abschluss in bulgarischer Linguistik und Philologie. In seiner Abschlussarbeit – einem »Vergleich zwischen Bulgarisch und Romanes, mit besonderer Aufmerksamkeit für den Kalajdži-Dialekt des Romanes« – zeigte er, dass Kalajdži-Romanes ein Dialekt ist, der mit der breiteren Familie der Balkan-Sprachen wie Bulgarisch, Albanisch, Mazedonisch und Serbisch verwandt ist. Diese überschreiten indo-europäische Sprachfamilien, haben aber grammatische Strukturen gemein, wie Falldeklinationen und Verbkonjugationen.

Rusins Interesse an den vielen Dialekten des Romanes entspringt seinem eigenen Familienhintergrund. Sein Vater spricht Kalajdži, während seine Mutter Zuzumani spricht, eine der alten Vlax-Dialektgruppen, die traditionell von nomadisch lebenden Rom_nja in einigen Ländern Osteuropas und in den Amerikas gesprochen werden.

Im Mai 2016 erhielt Rusin seinen PhD-Titel. Seine Dissertationsschrift »Die bulgarische Sprache als ein System der Metasprache in Online-Kommunikation« wurde dafür gepriesen, innovativ den Platz des Bulgarischen im globalen Wuchs von »Metasprache« zu untersuchen, einer Mischung aus geschriebener und gesprochener Sprache mit ihren eigenen Modalitäten, die sich in Online-Kommunikation über Sprachen und Kulturen hinweg erstreckt. Rusin ist erst die zweite Person aus einer Roma-Familie, die in Bulgarien einen PhD erlangt. »Rom zu sein bedeutet im Beruf, kontinuierlich härter und intelligenter zu arbeiten, um Respekt zu erhalten.«