Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma.

Er wurde 1946 in Heidelberg geboren. Dort war er bis 1982 selbständiger Kaufmann. Bei der Gründung des Zentralrats im Jahre 1982 wurde er von den Delegierten der Mitgliedsorganisationen – damals neun, heute 16 Landesverbände und regionale Vereine – zum Vorsitzenden gewählt und seither alle vier Jahre auf den Mitgliederversammlungen in seinem Amt bestätigt.

In dem Jahre 1991 übernahm Rose die Geschäftsführung des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutscher Sinti und Roma in Heidelberg. Er ist bei den Regierungen von Bund und Ländern und auch im Ausland seit vielen Jahren bekannt für seine Entschlossenheit und für die konsequente und unnachgiebige Arbeit.

Gemeinsam mit den Vorsitzenden der nationalen Minderheiten in Deutschland leitet Rose den am 9. September 2004 gegründeten Minderheitenrat. Das ist der Zusammenschluss der Dachorganisationen der vier nationalen, zur Nation Deutschland gehörenden und seit jeher hier ansässigen autochthonen Minderheiten: Die DOMOWINA der Sorben, der Friesenrat, die Südschleswigsche Vereinigung der dänischen Minderheit und der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma.

Mit Minderheitenvertretern aus USA, Mexiko, Argentinien, Japan, Indien, Sri Lanka, Frankreich und Holland ist Rose auch Direktoriumsmitglied der im Jahre 1988 in Tokio gegründeten Internationalen Bewegung gegen Diskriminierung und Rassismus (IMADR).

Ein maßgeblicher Antrieb für Roses Engagement ist seine persönliche Betroffenheit. Dreizehn unmittelbare Verwandte von Romani Rose wurden während des Nationalsozialismus in Konzentrationslagern ermordet, darunter die Großeltern in den Konzentrationslagern Auschwitz und Ravensbrück. Sein Vater, Oskar Rose, überlebte auf der Flucht und in der Illegalität. Romani Roses Onkel, Vinzenz Rose, überlebte das Vernichtungslager Auschwitz, medizinische Experimente im Konzentrationslager Natzweiler und die Sklavenarbeit für Daimler-Benz im unterirdischen Stollen des KZ Neckarelz/Obrigheim. Vinzenz Rose gründete im Jahre 1972 die erste Selbstorganisation deutscher Sinti, das Zentral-Komitee der Sinti West-Deutschlands, in dem der damals noch nicht dreißigjährige Romani Rose schon mitarbeitete.

Seit zweieinhalb Jahrzehnten – genau seit Juni 1979 – leitet Romani Rose vor den Augen der deutschen und auch internationalen Öffentlichkeit erfolgreich die Bürgerrechtsarbeit für die Minderheitenrechte der Sinti und Roma, für ihren Schutz vor Rassismus und Diskriminierung, für Entschädigungsleistungen an die Überlebenden des Holocaust – bei gleichzeitiger Bekanntmachung des Ausmaßes und des historischen Stellenwerts des Völkermords an 500 000 Sinti und Roma im nationalsozialistisch besetzten Europa.

Im Mai 1995 erreichte Rose in Zusammenarbeit mit den Mitgliedsvereinen des Zentralrats die Anerkennung und Förderung der deutschen Sinti und Roma als nationale Minderheit in Deutschland mit eigener Minderheitensprache, verbunden mit dem Ziel ihrer gleichberechtigten Teilnahme am gesellschaftlichen und politischen Leben.

Zu den ersten wichtigsten Schritten dieser Bürgerrechtsarbeit gehören:

– der von Rose an Ostern 1980 organisierte und mitgemachte einwöchige Hungerstreik von 12 Sinti im ehemaligen KZ Dachau zur internationalen Bekanntmachung des Völkermords und gegen die Weiterverwendung von „Zigeuner-Rasse“-Akten des Reichssicherheitshauptamtes in deutschen Polizei- und anderen Behörden noch Jahrzehnte nach Kriegsende;

– am 6. Februar 1982 der von Rose mitgegründete und seither von ihm geleitete Zentralrat Deutscher Sinti und Roma, die bis zum Jahre 2000 einzige und bis heute größte und einflussreichste Dachorganisation von Landes- und Regionalvereinen deutscher Sinti und Roma;

– die von Rose angeführte Delegation von deutschen Sinti und Roma am 17. März 1982 beim damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt, der dabei die völkerrechtlich und historisch bedeutsame Anerkennung der nationalsozialistischen Verbrechen an den Sinti und Roma als Völkermord aus Gründen der sogenannten „Rasse“ aussprach. Diese Anerkennung sprach auch Helmut Kohl im März 1982 als Oppositionsführer und am 7. November 1985 als Bundeskanzler im Rahmen der ersten Bundestagsdebatte über die Lage der Sinti und Roma in Deutschland aus.

In den folgenden Jahren machte der Zentralrat jeweils unter Roses Leitung mit Protestaktionen, Pressekonferenzen und Veranstaltungen immer wieder auf seine Forderungen aufmerksam. Dazu gehörten zum Beispiel:

– die von Rose organisierte Protestaktion von 220 Sinti und Roma am 28. Januar 1983 (anlässlich des 50. Jahrestags der Machtergreifung der Nazis) beim Bundeskriminalamt in Wiesbaden gegen dessen rassistisch-diskriminierende Publikationen und Kripo-Schulungsmaterialien gegen Sinti und Roma mit aus der NS-Literatur übernommenen Formulierungen;

– die Aktion mit 400 KZ-Überlebenden deutscher Sinti und Roma am 20. November 1986 in Bonn in Verbindung mit Roses Erklärungen vor der Bundespressekonferenz zu den im Bundeskanzleramt übergebenen ersten 525 Fällen vorenthaltener Entschädigungsrenten nach dem Bundesentschädigungsgesetz;

– der von Rose initiierte und bislang einmalige Gedenkgottesdienst von Bischof Dr. Anton Schlembach im Dom zu Speyer am 13. März 1988, dem 45. Jahrestag der Deportation von 23 000 Sinti und Roma aus Europa nach Auschwitz, wobei auf Roses Einladung hin zu dem Gottesdienst 1500 Sinti und Roma aus ganz Deutschland und Persönlichkeiten wie der damalige Bundesratspräsident Dr. Bernhard Vogel und die damalige Bundestagspräsidentin Prof. Rita Süssmuth kamen;

– die von Rose geleitete Demonstration von 250 Holocaust-Überlebenden der deutschen Sinti und Roma am 19. Dezember 2001 beim Bundesministerium der Finanzen in Berlin für die Durchsetzung der gleichberechtigten Zahlungen der Zwangsarbeiterentschädigung danach in den Jahren 2002 bis 2006 an die vom Zentralrat dafür vertretenen ca. 1800 KZ-Überlebenden;

– öffentliche Versammlungen, Unterschriftenaktionen (mit 2124 deutschen Sinti und Roma, darunter 1520 KZ-Überlebende) und andere Aktionen und viele Pressetermine seit dem Jahre 1989 für die Forderung zur Errichtung des Holocaust- Denkmals für die ermordeten Sinti und Roma auf dem dann ab dem Jahre 1994 zugesagten Standort zwischen Reichstag und Brandenburger Tor.

Das zweieinhalb Jahrzehnte dauernde unaufhörliche Eintreten von Rose für die Entschädigung der KZ-Opfer erlangte grundsätzliche Bedeutung für die Verankerung der Bürgerrechtsarbeit in der gesamten Minderheit.

Mit dem von der Bundesregierung seit August 1982 geförderten – und seit dem Jahre 2000 vom Staatsminister für Kultur und Medien geförderten – Büro in Heidelberg bewirkte der Zentralrat unter Roses entscheidender Leitung seit 1985 im Laufe von zwanzig Jahren für 3200 Holocaust-Überlebende der deutschen Sinti und Roma eine grundlegende Änderung der früheren diskriminierenden Entschädigungspraxis. Damit setzte der von den Überlebenden jeweils bevollmächtigte Rose zusammen mit seinem Mitarbeiterstab in allen Einzelfällen positive Neuentscheidungen der Entschädigungsbehörden der Länder und des Bundes durch.

Eine Besonderheit in Europa ist das von Rose geleitete Dokumentations- und Kulturzentrum Deutscher Sinti und Roma. Es wurde von Rose seit dem Hungerstreik im Jahre 1980 gefordert, ab Anfang der neunziger Jahre mit finanzieller Hilfe der Bundesregierung errichtet und dann unter Mitwirkung der damaligen Staatsführung (Bundespräsident Prof. Herzog, Bundestagspräsidentin Prof. Süssmuth und Bundesratspräsident Teufel) am 13. März 1997 in Heidelberg von Rose mit der ständigen großen Ausstellung über den nationalsozialistischen Völkermord eröffnet.

An der Eröffnung nahmen über 700 Sinti und Roma aus Deutschland und zahlreiche Persönlichkeiten aus dem In- und Ausland teil, darunter die Botschafter aus 22 Ländern Europas und aus Israel. Entsprechend Roses Initiative wird seit dem Jahre 1998 die Ausstellung auch in einer transportablen Version in vielen Städten Deutschlands erfolgreich gezeigt – meistens in Verbindung mit einem vom Dokumentationszentrum mitorganisierten Begleitprogramm.

Zu den wichtigen Ergebnissen der Arbeit des Dokumentationszentrums gehört die unter ganz persönlicher Federführung von Rose entstandene internationale Ausstellung über den Völkermord an den Sinti und Roma in Europa, die seit der Eröffnung am 2. August 2001 in Block 13 des Staatlichen Museums Auschwitz dort als ständige Ausstellung zu sehen ist.

Rose entwickelte mit den Mitarbeitern des Dokumentationszentrums die englischsprachige Ausstellung über den Völkermord an den Sinti und Roma im NS- besetzten Europa und über aktuellen Rassismus gegen Angehörige der nationalen Minderheiten der Roma und Sinti im mehreren europäischen Ländern. Er eröffnete diese Ausstellung am 17. Januar 2006 im Europa-Parlament in Straßburg unter Beteiligung von Parlamentspräsident Borell Fontelles, weiteren Persönlichkeiten und Repräsentanten der Roma und Sinti aus mehreren Staaten Europas. Die Ausstellung wird seither in Großstädten Europas gezeigt wie Budapest, Prag und Warschau (ab Oktober 2006).

Rose sorgte im Laufe des Jahres 2006 dafür, dass diese englische Ausstellung am 24. Januar 2007 bei den Vereinten Nationen in New York eröffnet wurde und dann mit großer internationaler Aufmerksamkeit zu sehen war.

Als Konsequenz aus dieser internationalen Arbeit wurde Romani Rose am 29. Mai 2006 als erster Vertreter der Sinti und Roma von der Polnischen Regierung zum Mitglied des Internationalen Auschwitz-Rates ernannt.