Der Dandy im Flamenco hat einen Namen: »Porrina de Badajoz«. Dieser gitano aus der Extremadura hatte die Vision, sich als Marke zu etablieren, indem er sich ein sehr persönliches und unterscheidbares Aussehen gab: mit Pomade geglättetes Haar, eine dunkle Sonnenbrille – viel zu groß und ohne Stärke (»um zu sehen, was ich sehen will«, wie er sagte) –, tadellose Hemden und Anzüge in knalligen Farben, immer eine frische Nelke im Knopfloch. Was das professionelle Image betrifft, war er seiner Zeit voraus.

José Salazar Molina, genannt »Porrina de Badajoz«, die Hauptstadt der Extremadura, wurde am 13. Januar 1924 geboren (aufgrund von Aberglaube änderte er später als Künstler das Geburtsdatum vom 13. auf den 6. Januar). Er wuchs in einem familiären Umfeld auf, in dem Tanz und Gesang den Alltag bestimmten. »Die Türen des Hauses müssen dem cante geöffnet werden, das sind wir unserem Volk schuldig«, sagte seine Mutter Ana Molina immer zu ihm – eine außerordentliche Gitarristin, auch wenn sie die Musik niemals zum Beruf machte.

Die Kneipen und Cafés in Badajoz waren die ersten Bühnen für den kleinen »Porrina«, dem das Schicksal einen privilegierten Platz unter den Größen seiner Zeit vorbestimmt hatte. Nur musste er zuerst einmal seine Fähigkeiten in einer entsprechenden Umgebung unter Beweis stellen – und diese Gelegenheit bot sich, als er von dem berühmten cantaor Rafael Farina gebeten wurde, für ihn krankheitsbedingt im Madrider Teatro Pavón einzuspringen.

Man kann sagen: Er kam, sang, und alles staunte. Die Hauptstadt war der Filter, der über den künstlerischen Durchbruch entschied – und so ist es bis heute. Wer in der Welt des Flamencos Erfolg haben wollte, musste auf ein wohlwollendes Urteil Madrids zählen können, und Porrina schaffte es mit Bravour. Es war wie ein frischer Wind, der hereingefegt kam, und für die Freund_innen des Flamencos erfand er Stile, die Ursprungsbezeichnungen nach ihm erhielten: cantes canasteros, Jaleos, Fandangos und Tangos, die mit anderen Kadenzen als den bis dahin gehörten interpretiert wurden. In der Flamencomusik gehören diese Klänge längst zum Kanon, eingeführt von diesem Rom aus Extremadura, der sich mit seinem Wirken auch als Botschafter der jungen Generation von cantaores aus seiner Heimat verstand. Er präsentierte sie in den Madrider Kreisen, auf die die Medien schauten (Sänger_innen wie La Marelu, Ramón El Portugués, Los Chichos, Guadiana, Azúcar Moreno und viele andere).

Wie alle, die den Flamenco praktizieren und nach Madrid kommen, zeigt Porrina sich auf sämtlichen Bühnen, die das Milieu zu bieten hat: Theater, Flamencolokale, Gasthäuser oder private Feste. Auch schlägt er sein Hauptquartier in dieser Stadt auf, die schon zu seiner zweiten Heimat wird. Seine erste, immer im Herzen, bleibt Badajoz.

Von da an erscheint sein Name zusammen mit den bedeutendsten Ensembles auf den Plakaten. Der Flamenco erlebt eine neue Ära, die in die Geschichte dieser Kunst als die Zeit der »Flamenco-Oper« eingehen wird, und Porrina drückt ihr unbestreitbar seinen Stempel auf. Er wird zu einem der »vier Könige des Kartenspiels« (die anderen drei sind Pepe Marchena, Antonio Molina und Juanito Valderrama).

Es waren preziöse und sanfte Stimmen, mit dem Fandango als erhabenem Stern im Repertoire. Die spanische Nachkriegszeit war geprägt von Hunger und Leid, und die Menschen sehnten sich danach, dass man ihnen den Alltag mit bunten und unterhaltsamen Spektakeln aufheiterte. Nur schwer hätten sie eine Soleá oder eine Siguiriya ertragen, gesungen mit herzzerreißenden Stimmen und schmerzlichen Echos.

Das stellten ideale Bedingungen für Porrinas besonderes Naturell dar, und wie nur wenige verstand er es, sich darauf einzustellen, was ihm einträgliche Gewinne verschaffte – allerdings besaß Geld für ihn keinen Wert an sich: »Geld ist dazu da, dass man es ausgibt«, sagte er immer. Geld war ihm schlicht egal, und so, wie er es verdiente, gab er es auch wieder aus, immer großzügig, zusammen mit seiner Familie und mit Freund_innen. Ständig war Fiesta, ob man ihn engagierte oder er selber es bezahlte, und diese Abende gingen nicht spurlos an seiner Gesundheit vorbei. Eine Leberzirrhose brachte ihn schließlich, mit nur 53 Jahren, ins Grab. Er starb am 18. Februar 1977 in Madrid.

Badajoz, seine Geburtsstadt, ließ ihm – der Prophet im eigenen Land – alle Ehren und die Anerkennung als bedeutendster Flamencokünstler Extremaduras zuteilwerden.

In den Worten seines Biografen Francisco Zambrano Vázquez war er »ein freier Geist, ein Gefühlsanarchist, außerhalb jeder Schule, ein Gebildeter ohne Lehrbuch und ein Dandy im Land des Specks und des Neids«. Sicherlich eine treffende Beschreibung. Er selbst hatte es allerdings voller Stolz auf einen Satz reduziert, der als Schriftzug seine Statue ziert, aufgestellt in dem Viertel, in dem er auf die Welt kam und zum cantaor wurde: »Gitano und aus Badajoz.«