Von Mutter zu Sohn

Der Folksänger und Geschichtenerzähler Thomas McCarthy wurde 1965 in eine große irische Traveller-Familie in der Grafschaft Offaly in Irland geboren und wuchs dort inmitten von Musik auf. Jede Traveller-Familie, so erinnert er sich, »pumpte damals Musik« in ihre Kinder.

Tatsächlich lernte McCarthy viele der traditionellen Lieder, die er heute singt, von seiner Mutter Mary und anderen älteren Verwandten. Dabei sei es streng zugegangen, sagt er. Seine Mutter hörte genau zu, wenn er ein Lied übte, und wenn er Fehler machte, unterbrach sie ihn: »Da driftest du ab, ich weiß überhaupt nicht, wohin du willst, aber so bist du auf dem falschen Weg.« Seine Mutter bestand darauf, dass der junge Thomas sich anstrengte und so lange daran arbeitete, bis er ein Lied perfekt singen könnte, denn nur dann war er in der Lage, »hier und da eine kleine Änderung zu machen«. Diese Änderungen waren wichtig. »Man singt nie ein Lied zweimal auf die gleiche Weise«, brachte ihm seine Mutter bei, »man will ja nicht monoton werden.«

Musik, Arbeit und das Problem mit der Technology

Irische Traveller, so erinnert sich Thomas McCarthy, wurden in seiner Kindheit von Gorjas Menschen, die keine Roma- oder Traveller-Wurzeln haben willkommen geheißen – nicht nur wegen der wichtigen Dienstleistungen, die die Traveller anboten, sondern auch wegen der Unterhaltung, die sie mitbrachten – ihrem Reichtum an Liedern, ihrem Tanz und ihren Geschichten. Er erinnert sich sogar an Situationen, als Gorjas die Pferde der Traveller versteckten, damit diese nicht weiterreisen konnten und die Gorjas deren Musik und Tanz noch einen weiteren Abend genießen konnten.

Dies änderte sich in den 1970er Jahren. Der allgemeine Einsatz von Plastik »machte es unnötig, Eimer und Stühle zu reparieren«, erzählt McCarthy. Die Mechanisierung der Landwirtschaft führte dazu, dass immer weniger Traveller ihre traditionellen Jobs als Saisonarbeiter bekamen. Aber McCarthy zufolge war es vor allem das Fernsehen, das die jahrhundertealten Musiktraditionen abbrechen ließ, mit denen er aufgewachsen war. Als Traveller »einen tragbaren Fernseher an eine Autobatterie anschließen konnten«, war es mit der Tradition des Singens an ihren Lagerorten »über Nacht« vorbei: »Es wurde uncool, die alten Lieder zu singen, die doch ihr Erbe waren, ihr Rückgrat.«

Streben nach Anerkennung

1980 gab die irische Regierung eine Studie in Auftrag, die zeigte, dass Traveller einen enormen Beitrag zum Musizieren in der Mehrheitsbevölkerung geleistet hatten, indem sie Melodien, Lieder und Tänze von Ort zu Ort brachten, Instrumente bauten und reparierten sowie ihren ganz eigenartigen Stil beim Spielen des irischen Dudelsacks und der Fiedel weitergaben. Aber dennoch werden der Einfluss und die Bedeutung von Traveller auf die Aufführungspraxis traditioneller irischer Lieder viel zu wenig anerkannt. Thomas McCarthy wird von einem tiefen Wunsch angetrieben, diese Vernachlässigung anzugehen. In seinen eigenen Kompositionen wie beispielsweise »Moving Us On Again« (»Herself and Myself«, 2014) macht er auf die Vorurteile und Diskriminierung aufmerksam, mit denen Traveller in der Gesellschaft immer wieder konfrontiert werden. In seinen Auftritten spricht er davon, was irische Traveller zu Kultur und Gesellschaft beitragen, und ermutigt junge Traveller, nicht einfach zu glauben, »sie hätten nichts, worauf sie stolz sein könnten«.

Auf charismatische und unterhaltsame Weise und mit makellosem Sinn für komisches und dramatisches Timing sowie einem überwältigenden Reichtum an alten Liedern verhilft McCarthy den Liedern und Traditionen der irischen Traveller zu der Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit, die sie verdienen.