Luminiţa Cioabă (Maria Mihai Cioabă) ist Kalderaš-Romni. Sie wurde 1957 in Târgu Cărbuneşti in Rumänien geboren, während ihre Familie noch ein halbnomadisches Leben führte. Cioabăs Vater und Großvater waren respektierte Roma, die den traditionellen Titel bulibaşa trugen, weise Männer und Führer, die zwischen ihrer eigenen Gemeinschaft und den Behörden vermittelten. Im Jahre 1963 ließ sich die Familie Cioabă in der siebenbürgischen Stadt Sibiu nieder, wo ihr Vater, Ion Cioabă – Piţule – als »König der Zigeuner« bekannt war. Der damals junge Nicolae war Piţules persönlicher Sekretär.

Luminiţa Cioabă vergleicht ihren Lebensweg und ihre Entwicklung zur Dichterin gerne mit dem Schicksal von Bronisława Wajs – Papusza; ähnlich wie die erste berühmte Roma-Dichterin gehörte auch Cioabă zu einer nomadischen Gemeinschaft, sie erhielt als Kind keine formale Ausbildung, wurde im Alter von 15 Jahren mit einem Mann verheiratet, von dem sie sich später scheiden ließ, und ihre eigene Familie ermutigte sie nie in ihren frühen Bemühungen, sich zu bilden und Schriftstellerin zu werden. Wie Papusza glaubt auch Luminiţa Cioabă, dass sie als Schriftstellerin geboren wurde und trotz aller Hindernisse zur Dichterin prädestiniert ist.

Cioabă ist Autorin mehrerer Gedichtbände (siehe ausgewählte Lyrik), einer mehrsprachigen Sammlung von Kurzgeschichten, Drehbuchautorin und Regisseurin von Dokumentarfilmen zur Geschichte und Kultur ihrer eigenen Kalderaš-Community und Herausgeberin verschiedener Sachbücher, die sich Erinnerungsnarrativen und einer Oral History jener Rom_nja widmen, die die Deportationen nach Transnistrien überlebt haben. In letzter Zeit widmet sie sich religiösen Aktivitäten (einschließlich der Übersetzung der Bibel in ihren Romanes-Dialekt) und dem Bemühen um Anerkennung des Holocaust der Rom_nja in Rumänien.

Aufgewachsen in einer Roma-Gemeinschaft mit einer langen Tradition des Geschichtenerzählens, baut Cioabă in ihren Prosaarbeiten auf Erzählungen und Motive aus ihrem eigenen mündlichen Erbe auf. Ihr lyrisches Universum hingegen offenbart die komplexe Sensibilität der Autorin. Ähnlich wie in Papuszas poetischer Welt erzählen die Gedichte oft von einer besonderen Roma-spezifischen Wahrnehmung von und Verbindung mit dem Natürlichen und Übernatürlichen, ohne in die Falle von Klischees zu tappen, die »die Roma« romantisieren oder exotisieren würden.

Cioabă schreibt souverän sowohl in Romanes als auch in Rumänisch und veröffentlicht ihre Werke in mehrsprachen Ausgaben.

Bibliografie (Auswahl)

Mihai Cioabă, Luminiţa. 1994. O Angluno la Phuveako. Rădăcina pamîntului. Die Wurzel der Erde. Earth’s root: poezii. Traducerea în limba germană: Beatrice Ungar; traducerea în limba engleză: Mircea Ivănescu. Sibiu: Editura Neo Drom.

Mihai Cioabă, Luminiţa. 1997. Negustorul de Ploaie / O Manuš kai Bitinel Brîšind. Sibiu: Editura Neo Drom.

Mihai Cioabă, Luminiţa. 1997. Poemurea dă arateara thai ades / Poezii de ieri şi azi / Gedichte von gestern und heute / Poems of yesterday and today. Sibiu: Editura Neo Drom.

Mihai Cioabă, Luminiţa. 2002. O Čem o Hasardo / Ţara perduta / The Lost Country / Das Verlorene Land. Sibiu: Editura Etape.

Mihai Cioabă, Luminiţa. 2006. Deportarea în Transnistria. Mărturii. Sibiu: Editura Neo Drom.

Mihai Cioabă, Luminiţa. 2010. Romane asva / Lacrimi rome. Sibiu: Fundaţia Social-Culturală a Romilor »Ion Cioabă«.